Über das Mitgefühl

Um mit anderen Mitgefühl zu haben, müssen wir zuerst Mitgefühl mit uns selbst haben. Wenn wir uns selbst nicht lieben, werden wir auch andere nicht lieben können. 

Begeben wir uns zu einem Arzt wegen einem bestimmten Leiden, wird dieser uns vor Ort mit vorgefertigten Methoden behandeln und uns gewisse Medikamente verschreiben. Doch dies ist nur eine bedingte Form der tatsächlichen Hilfe, die wir während einer Krankheit erfahren können. In Wirklichkeit ist nur Mitgefühl therapeutisch, weil alles, was krank ist im Menschen, aus Mangel an Liebe krank ist. Alles, was mit uns Menschen verkehrt ist, sei es ein langwieriges Leiden, Problematik mit dem Ehepartner oder materielle Armut hat immer damit zu tun, dass wir keine Liebe empfangen können. Wir sind nicht dazu in der Lage, die Glückseligkeit unserer innersten Natur mit anderen zu teilen, weil wir uns den Weg zu unserem Glück selbst verbaut haben. Daraus entsteht menschliches Elend, welches sich in vielen unterschiedlichen Komplexitäten offenbart. Diese inneren Wunden können auf verschiedene Weise an die Oberfläche kommen: Sie können zu körperlichen Krankheiten werden, sie können zu geistigen Krankheiten werden – aber im Grunde leidet der Mensch immer an einem Mangel an Liebe. Genauso wie der Körper Nahrung braucht, kann die Seele nicht ohne Liebe leben. Eigentlich kann die Seele ohne Liebe gar nicht geboren werden – geschweige denn leben. Aus diesem Grunde ist echtes Mitgefühl mit anderen therapeutisch, denn es ist die reinste Form von Liebe. Die wirkliche Verschmelzung von Mann und Frau sollte immer zuerst auf einer höheren Ebene geschehen und erst dann auf der körperlichen. Solange sich der Kontakt nur auf das Erotische beschränkt, ist er hauptsächlich körperlich, im Mitgefühl jedoch ist er spirituell und genau dies ist die Grundvoraussetzung, damit eine partnerschaftliche Beziehung Bestand hat. Wir können das Mitgefühl auch Gebet oder Meditation nennen. Mitgefühl ist die reinste Form der Energie. Solange der Kontakt jedoch nur auf das Physische beschränkt ist, wird er irgendwann erlöschen, weil der andere zu einer Sache reduziert wird. Beobachten wir ein frisch verliebtes Paar:  Wenn die beiden noch nicht eingefahren sind, wenn die Romanze noch lebendig ist, die Flitterwochen noch nicht vorbei sind, dann werden wir zwei Menschen sehen, die vor Leben sprühen – bereit ins Unbekannte zu explodieren. Und beobachten wir ein verheiratetes Paar, die Ehefrau und den Ehemann, dann werden wir zwei tote Dinge sehen, zwei Gräber, eins neben dem anderen, die sich gegenseitig helfen, dass sie tot sind, sich gegenseitig zwingen, tot zu sein. Das ist der ständige Konflikt in der Ehe. Niemand will zu einer Sache reduziert werden! Wirkliche Freiheit erfahren wir nur dann, wenn wir die Fesseln des rein Materiellen abstreifen, um unser eigenes Glück auf einer höheren Ebene zu erfahren. Erst dann sind wir fähig, anderen wirklich zu helfen und mit aufrichtiger Liebe und Mitgefühl für unsere Mitmenschen da zu sein.